Volltext: Friedrich Preller d. Ä.

Eisenach 
Wartburg. 
mit der 
BleistiftfkszöCs 
LZu Seite 5.j 
Es ist eine wunderliche und doch in der menschlichen Natur tief begründete Wahr: 
nehmung, daß jedes Geschlecht geneigt ist, sich als i1n Beginn einer neuen Zeit, 
im Gegensatz zu der seiner Väter stehend zu betrachten, während uns doch ein Ueber: 
blick über die Vergangenheit ein allmähliches Fortschreiten zeigt, das zwar dem Auf 
nnd Ab einer Wellenbewegung ähnelt, bei dem aber doch immer eins aus dem andern 
folgt. Dem jeweils lebenden Geschlecht wird es immer am schwersten, den rechten 
Maßstab für die Beurteilung des vorhergehenden zu finden, auf dessen Schultern es 
steht; erst ein späteres Geschlecht ist dazu berufen. Auf keinem Gebietesgilt das 
wohl mehr als auf dem der Kunst. 
 Jch will hier von einem Künstler reden, dessen Tod um fünsundzwanzig Jahre 
zuruckli.egt, sur dessen Beurteilung also die rechte .Zett noch nicht gekommen sein mag. 
 will aber. auch nicht sowohl uber .1hn urteilen oder gar ihm einen Rang an: 
weisen, a;s v1elgiehrfihn schildernk3 wie tät; lihEi ken1;en tu;dbss das darf ich wohl 
von vorn ereiii inzu ügen  vere ren un ie en ge ern a e. 
Als ,,Odyssee:Prellertt ist unser Künstler weit und breit bekannt. In der Tat: 
die Reihenfolge von Bildern, durch die er ,,das alte, das ewig junge Liedtt unseren 
Sinnen und unseren Herzen näher gerückt hat, ist sein hauptsächliches Lebenswerk, ja 
ein wesentliches Stück seines Lebens selber; und solange die Gesänge Homers eins 
der herrlichsten Mittel für die Heranbildung unserer Jugend bleiben, wird auch dieses 
sein Werk nicht leicht verdrängt oder vergessen werden. Aber es schließt doch mir 
einen Teil seiner Tätigkeit in sich. Wenn das, was er sonst geschaffen hat, weniger 
bekannt geworden ist, so liegt das daran, daß ihm alles Ausstellungswesen zuwider 
war und daß er seine Bilder fast stets aus Bestellung malte oder von der Staffelei weg 
tFrkaufcthe; in tgfsentliche Samml1;ngen sind sie, we1Zi überhaup;l, 1n;ist erst späEer Einzel; 
ermä tnis o er Schenkung ge ommen. ine ni t geringe nza l hat im an er 
Jahrzehnte die Großherzogin Maria Paulowna nach ihrer russischen Heimat gesandt, 
ohne daß sie vorher in Deutschland bekannt geworden waren. 
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