Volltext: Über Fette, Öle, Leinölersatzmittel und Ölfarben

materialien für Anstrichtechnik braucht man aber weniger Verfahren 
zur Bestimmung der gesättigten Fettsauren, Weil diese hier nur in- 
sofern interessieren, als Überschreitung einer gewissen Gesamtmenge 
den Trockenvorgang stört. Vordringlich ist die Erstellung eines Ver- 
fahrens der quantitativen Trennung der ungesättigten Sauren von- 
einander, der Linolen-, Linol- und Ölsaure. Der Umstand, daß ein 
solches noch immer nicht besteht, zeigt, daß man das Problem der 
fetten Öle zu wenig nach der Seite ihrer Anwendung in der Strich- 
farbentechnik behandelt hat. Neueste Hilfsmittel zum Ausbau dieses 
Trennungsverfahrens sind das H e x a  T e t r a  und Hex a t e tra  
bromidverfahren. Für Ölsäure fehlt ein direktes Bestimmungs- 
verfahren ganz. Die Elaidinreaktion läßt sich zu einem solchen nicht 
ausarbeiten, da sie umkehrbar ist. Die Erstellung der ganzen quan- 
titativen Analyse der fetten Öle ist dann beendet, wenn die Frage 
der natürlichen Isomerien bei den ungesättigten Fettsauren in der- 
selben gelöst ist?" Erst dann wird man dazu gelangen, die Qualitäts- 
unterschiede nicht nur der Hauptgruppen fetter Öle, der leinölartigen 
und mohnölartigenfestzulegen, sondern auch die innerhalb der ein- 
zelnen Gruppen vorhandenen darzustellen im Stande sein, d. h. Unter- 
gchiede im Verwendungswerte der Leinöle nach Herkunft zu erkennen. 
Auch die vollständige quantitative Analyse eines fetten trocknen- 
den Öles liefert noch keine zureichende Grundlage für seine anstrich- 
technische Beurteilung. Hier müssen Konstitutionsfragen gelöst 
werden, um der Technik das zu bieten, was sie von der Wissenschaft 
verlangt. Die Ursachen des spontanen W iedererweichens angetrock- 
neter Aufstriche fetter Öle, jene des anormalen Nachklebens und 
anderer Erscheinungen dieser colloidalen Stoffe können nur ermittelt 
werden, wenn über den inneren Bau dieser Öle näheres bekannt wird. 
Hiezu ist die Theorie der gemischten Glyceride auszubauen und zu 
ermitteln, 0b alle fetten Öle mechanische Gemenge gemischtsauriger 
Glyceride sind, oder ob es solche gibt, in welchen auch einsaurige 
vorkommen bezw. überwiegen. Ferner ist die Verteilung der festen 
Glyceridreste auf die Moleküle der ungesättigt gemischtsäurigen fest- 
zustellen. Hiezu kann die nähere Untersuchung der Bromide der 
Glyceride selbst, der Chlorjodadditionsprodukte und der Elaidine 
dienen. 
Die Entwicklung der Theorie der molekular gemischten oder mehr- 
saurigen Triglyceride hat in Verbindung mit den neuen Ermittlungen 
über die Gehalte der einzelnen Öle an ungesättigten Fettsauren vor- 
erst beim Leinöl erlaubt, nähere Einblicke in die Konstitution zu tun. 
Hiernach kann man in den fetten trocknenden und sogen. nichttrock- 
nenden Ölen zwei Gruppen mechanischer Gemenge molekular ge- 
mischter Glyceride annehmen: Die H a u p tg r u p p e der flüssigen 
und ungesättigten, wahrscheinlich zweisaurigen, paarigen, symmetri- 
schen T riglyceride und eine kleine N e b e n g r u p p e gesättigt-un- 
gesättigter gemischtsäuriger fetter Glyceride, von welchen noch un- 
bekannt ist, ob sie ausschließlich dreisaurig oder zweisaurig sind. 
Bei den von selbst trocknenden Ölen überwiegt erstere Gruppe quan- 
titativ. Anwachsen der letzten beobachtete man bei langsam und 
nicht trocknenden, wie Baumwollsamen-, Palmöl u. dgl. Erstere ist 
w- vgt 
1909; Ztschr. f. physiol. Ch.  76;  179; 1911. 
177
	        
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