angreifen. Hiernach sind also die genannten Farbstoffe befähigt,
in der Ölfarbenschicht Wasserstoff zu okkludieren.
L i e b r e i c h zieht aus diesen Versuchen die richtige praktische
Folgerung, indem er für den Grundanstrich eine rostschützende
Farbe, für den Deckanstrich eine w e t t e r b e s t a n d i g e fordert.
Hiedurch kommt ein Prinzip wieder zur Geltung, das seit langer Zeit
praktisch ermittelt und angewendet wurde, aber in Deutschland mehr
und mehr in Vergessenheit geriet, dessen Ausdruck die Gepflogen-
heit war, mit Mennige zu grundieren und mit Farben zu decken,
deren Hauptbestandteil Bleiweiß war. Die amerikanischen Forscher
schlagen für den Grundanstrich chromathaltige oder stark basische,
am besten Laugen abspaltende Farbstoffe vor. Für den zweiten An-
strich empfiehlt Walk e r Lampenruß, für den dritten Graphit und
Lampenruß zusammen. Hiemit reicht man nicht aus, wenn diese
Farbstoffe nach Cu shma n rostfördernd sind und außerdem nicht,
weil in den meisten Fallen bunte Deckfarben verlangt werden. Es
wird also eine Konkurrenz der ästhetischen Anforderungen an Öl-
farbenanstriche auf eisernen Gegenständen mit den wissenschaftlich-
anstrichtechnischen eintreten, wobei ersichtlich ist, daß gegenwärtig
die beiden letzteren durch die amerikanischen Versuche nicht er-
schöpft sind. Es fragt sich jetzt, wird die Wasserspeicherung des
Olfilmes durch verseifende Farbstoffe wie Bleiweiß oder durch nicht
verseifende wie Lampenruß oder Graphit mehr zurückgedrängt.
Daher sind Tabellen des Verfallens der für Deckanstrich gebräuch-
lichsten Farbstoffe und deren Mischungen im Wetter anzulegen, eine
Aufgabe, der besonders Bauämter Interesse entgegenbringen werden.
In der Tabelle von Walker, Gardner und Chapman fällt,
wie erwähnt, am meisten auf, daß dreifacher Leinöliirnisaufstrich nur
die Durchschnittsbenotung von 1,5 erhielt. Hier liegt also der deut-
lichste Beweis vor, daß nicht das Öl die Farbstoffe schützt, sondern
umgekehrt, und daß Ölfarbe kein absolutes Rostschutzmittel sein kann.
Es erscheint also praktisch richtig, nicht nur den rostschützenden und
rostfördernden Farbstoffen das Augenmerk zuzuwenden, sondern
mehr noch nach einem rostschützenden Bindemittel zu suchen. Von
Interesse in Bezug auf noch zu erwähnende deutsche Versuche
nach dieser Richtung ist die weitere Angabe dieser Tabelle, daß ein
dreimaliger Aufstrich von Chromresinat in Öl nur die Benotung 0,7
erhielt. Hier hat also das Chrom nicht rostschützend gewirkt, weil
es nicht als Chromat vorhanden ist. Beim Linoleat wäre der Erfolg
unzweifelhaft besser gewesen, weil die geringe physikalische Wider-
standsfähigkeit des Fichtenharzes und dessen Metallverbindungen
im Wetter allbekannt ist. Dieser Versuch hätte also wegbleiben
können, da das Ergebnis vorauszusehen war. Er führt unmittelbar
zur Betrachtung der Entwicklung der Rostschutzfarbenindustrie.
Hierüber gibt Andes in seinem Buche „Der Eisenrost" (Chem.
Techn. Bibl. Nr. 234) ein anschauliches Bild. Zunächst ergibt sich
hieraus, welche Ursachen maßgebend waren, die früher allgemeine
Mennigegrundierung zu verlassen. Nach Prof. v o n T e t m a y 6 f
war es zunächst die Schwierigkeit, auf dieser Roststellen zu erkennen,
die die Anwendung einer hellfarbigen Grundierung empfahl. Hier-
aus ergab sich später die fast allgemeine Anwendung hellgrauer
Grundierfarben. T e tm a y e r empfiehlt sogar durchsichtige Grun-
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