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UNTERLAUTER.
Coburg.
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versehene Decke mit einer reizend gewesenen Stuckirung in zartem Relief (die
wieder hergestellt werden soll). In Mischung von Motiven des Regentschaftsstils
und des Roccoco sind an den Ecken Schnörkel und Blätter modellirt, nach der
Mitte zu Bandwerke und Verschlingungen ähnlich den damaligen kalligraphischen
Zügen, in der Mitte Umrahmungen eines (leeren) ovalen Mittelfeldes. Zwei Ge-
schosse Emporen ruhen unten auf dorischen, oben auf ionischen Säulen und haben
vertäfelte Brüstungen. An der Ostseite läuft eine entsprechende, etwas ausgebogene
Empore entlang und zeigt in der Unteransicht Musikinstrumente, an der Brüstung
in der Mitte oben Engelsköpfchen in Wolken, auch diese von köstlicher Bildung.
Unter ihnen tritt an der Brüstung die Kanzel vor; auf glockenförmigem Unter-
theil ist sie im Grundriss rechteckig mit Abschrägung der vorderen Kanten, im
Aufriss im oberen Theil ausgebogen vortretend, an den Flächen mit einigen Band-
ranken, Blumenkelchen und Ornamenten geziert. Alles in der Kirche ist seit dem
Anstrich von 1789 weiss mit Vergoldungen an Säulencapitellen, Brüstungen und
anderen Gliedern. An den Langseiten befinden sich je fünf, an der Westseite drei
flachbogige Fenster mit Ohren, Fascien und vortretendem Schlussstein. Unter dem
inittelsten Fenster jeder Seite eine Thür, der östlichen Sacristeithür gleich. Die
Westthür hat einen consolförmigen Schlussstein und ist noch eingefasst von
ionischen Pilastern n1it verkröpftem Gebälk und einem Flachbogen-Giebel, darin
der Namenszug des Herzogs und das Rautenkranz-Wappen in Palmzweigen unter
der Krone. Ueber der Nord- und Süd-Thür sind Tafeln mit langen lateinischen
Inschriften eingemauert; die erstere giebt den Bau 1741-1743 unter den Herzögen
Christian Ernst und Franz Josias zu Ehren der heiligen Dreifaltigkeit genau an.
letztere die Einweihung 1744 in Gegenwart von Herzog Franz Josias und seiner
Familie, dem Generalsuperintendenten H. W. Fratzscher, Superintenclenten J. Fr.
Mayer, Pfarrer A. Th. Berger, Schulmeistern Müller und Immler und Kirchenvor-
stehern Braerlein und Schneider.
Aussen ist die Kirche gequadert, hat ein gutes Sockelgesims mit Wulst, an
den Ecken des Langhauses dorische Pilaster mit einer Triglyphe im Stück Gebälk
darüber. Der Thurmbau wird von Pilasterstreifen eingefasst; über der Sacristei
hat er ein 1. Obergeschoss mit Fenstern an der Nord- und Süd-Seite, wie die
Sacristei, dann über einem Gesims ein 2. Obergeschoss mit ebensolchen Fenstern,
über einem Gesims ein achteckiges Geschoss mit Pilaster-Einfassungen und mit
rundbogigen, mit vortretenden Kampfersteinen versehenen Fenstern an den vier
Hauptseiten, darauf über einem Gesims eine achteckige Zwiebelkuppe. Bau-
zeichnungen im Pfarrarchiv. Die Kirche wurde zuletzt im Jahre 1898 im Innern
erneuert.
Gruner I, S. 190. 192. Koch, sowie Lindn er, Ansicht. im Rathhaus zu Coburg.
Ruder, Pfarrei Unterlauter, S. 11 f., mit den vollständigen Inschriften S. 18 und 19.
Lehnstuhl, eigenthülnlich, gewöhnlich für einen Beichtstuhl gehalten, weil
zu Seiten des Sitzes rechts und links Bretter sich herausziehen lassen und weil er
im Alter wohl noch auf die Zeit des 16. Jahrhunderts, vor Abschaffung der
katholischen Gebräuche zurückgehen könnte. Allein der Stuhl ist im Uebrigen ein
gewöhnlicher Lehnstuhl, offen, entgegen den Anordnungen zur nothweudigen
Wahrung des Beichtgeheimnisses, und seine Seitenbretter sind zu hoch und nicht
standfest genug als Stützen für Menschen; sie können eher zum Hinstellen von