Volltext: Herzogthum Sachsen-Coburg und Gotha: Landrathsamt Coburg ([4], Bd. 4 = H. 28 u.32/33)

Coburg. 
Goßune, 
Ehrenburg. 
Unter den im Barockstil ausgestatteten Räumen der Ehrenburg ist die Schloss- 
kirche zuletzt vollendet. Der Bau ist bald nach dem Brande der Ehrenburg be- 
gonnen, denn durch diesen Brand ist die ursprüngliche, wesentlich kleinere Schloss- 
kapelle in dem gegenüber liegenden Flügel der Ehrenburg wahrscheinlich stark 
beschädigt, worden. Die Feier der Grundsteinlegung fand im Juni 1690 statt. Doch 
der innere Ausbau gerieth später ins Stocken. Wie weit der Bau in der ersten 
Bauzeit vorgeschritten ist, wissen wir nicht. Ebenso ist uns der Name des leitenden 
Künstlers unbekannt. Cornelius Gurlitt glaubt in dem Stil ein Werk Christian 
Richters zu erkennen und nimmt als Bauzeit die Jahre 1690-93 an. Doch die 
künstlerischen Arbeiten sind nicht in einem Gusse und nicht nach völlig einheit- 
lichem Plan vollendet. Als Herzog Albrecht, der Erbauer der Barocksäle der 
Ehrenburg, im Jahre 1699 gestorben war, folgten die mehr als drei Jahrzehnte 
dauernden Erbfolgestreitigkeiten, während deren das Schloss nur vorübergehend 
als fürstliche Residenz bewohnt wurde. Im Jahre 1709 lag die damals unvollendete 
Schlcsskirche wüst. Vergebens wandte sich Hofrath Lucius an die betheiligten 
Regierungen in Saalfeld, Meiningen, Hildburghausen und Gotha mit der Bitte, ein 
Capital aufnehmen zu dürfen, um die bei längerer Unterbrechung des Ausbaues 
verderbende Schlosskirche zu vollenden. Doch vergeblich. Erst seitdem Herzog 
Franz J osias um die Mitte der 30er Jahre des 18. Jahrhunderts seinen Wohnsitz 
in der Ehrenburg genommen hatte, wurde der Ausbau der Schlosskirche abermals 
in Angriff genommen. Die feierliche Einweihung erfolgte im Jahre 1738. Der 
künstlerische Charakter dieser letzten Bauzeit zeigt sich in einzelnen Roccoco- 
Ornamenten der Deckengewölbe. (Siehe den Liehtdruck "Gewölbe der Schloss- 
kirche in der Ehrenburg?) Die zierlichen Cartouchen in einigen der drei- 
eckigen Felder des Gewölbes über dem Mittelschiff sind völlig unsymmetrisch 
bereits im ausgesprochenen Roccocostil componirt. Auch die Vorliebe für grosse, 
muschelförmige Ornamente als Bekrönung und Einfassung der kleineren Decken- 
gemälde lässt bereits etwas von den künstlerischen Idealen des Roccocostils er- 
kennen. Diese Muscheln haben grosse Aehnlichkeit mit den muschelförmigen Orna- 
menten an der Decke des oben genannten Leopold-Zimmers im 2. Stock der 
Ehrenburg. Wenn in der künstlerischen Decoration überhaupt ein ursprünglicher 
Entwurf aus dem J ahre_1690 festgehalten worden ist, so sind die unsymmetrischen 
Cartouchen sicher Zuthaften, die erst gegen das Jahr 1738 entstanden sein können. 
Die Schlosskirche ist 10,80 m breit. Ihre Länge beträgt 30,33 m. Die Kirche 
ist also fast 8 m länger als der genau darüber liegende Riesensaal und ebenso 
breit wie dieser. Trotz dieser sehr bemerkenswerthen Grösse ist an den beiden 
Schlossfassaden, welche die Kirche einschliessen, nichts von dem Vorhandensein 
eines so grossen, hohen Raumes zu erkennen. Der Architekt war sichtlich be- 
strebt, jede Unregelmässigkeit in den gleichförmigen Fensterreihen der Fassaden 
zu vermeiden. Die regelmassige Anlage des offenen Ehrenhofes nach dem Vor- 
bilde französischer Adelshotels sollte durch Nichts beeinträchtigt werden. Auch 
von der uralten kirchlichen Uelaerlieferung, den Altarraum an die Ostseite zu legen 
und dort eine nach aussen vorspringende Ohornische anzulegen, ist der Architekt 
abgewichen. Allerdings auch die ursprüngliche Sehlosskapelle im Ostilügel der 
Ehrenburg entsprach nicht den kirchlichen Traditionen. Der Altar dieser Kapelle lag 
nach Süden. Der Architekt der Schlosskirche hat den Altar an die nördliche Schmal-
	        
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