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Comme, Die Ehrenburg.
Coburg.
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an den gothischen Stil sind erst allmählich durch die künstlerischen Ideale der
Renaissance zurückgedrängt worden. Auch in dieser Spätzeit der Renaissance hat
man in Thüringen wohl an den Kirchen aus Rücksicht auf die Tradition noch Vieles
gothisch gebaut. Doch an Profangebäilden finden sich um das Jahr 1625 diese spät-
gothischen Fischblasen-Muster und andere gothische Ornamente nur selten. In der
übrigen Coburger Architektur dieser Zeit lässt sich nichts der Art nachweisen. Beim
ersten Anblick könnte man glauben, dass hier vielleicht ein Gothiker der romantischen
Schule um das Jahr 1816 bei dem grossen Umbau der Ehrenburg seine Hand im
Spiele gehabt hat. Doch dies ist ausgeschlossen. Denn schon auf dem Kupfer-
stich aus dem Jahre 1626 sind an der oberen Brüstungsgallerie der Altane einige
Ornamente angedeutet, welche mit dem gothischen Maassiverk grosse Aehnlichkeit
haben. Die Ornamente sind freilich undeutlich. Doch in dem kleinen Maassstab
der Altane durfte der Kupferstecher die Ornamente wohl nicht genauer zeichnen.
Er hätte sonst die ruhige malerische Wirkung des Ganzen gefährdet.
Bonallino scheint nur kurze Zeit in Coburg gelebt zu haben; vor dem Bau
der Altane war er in Würzburg thätig. Nach dem Bau der Altane war er in
Bamberg bei dem Umbau der Stephanskirche beschäftigt.
Der offene Brunnen vor der Altane stammt wahrscheinlich aus derselben
Zeit wie diese. Die Löwenmasken, aus deren Maul die eisernen Rohre für das
iiiessende Wasser hervorspringen, haben eine bemerkenswerthe Aelmlichkeit mit den
Löwen-Masken in den Schlusssteinen der Rundbogen des Erdgeschosses und des
1. Stockwerks der Altane. Doch die Sculpturen des Brunnens sind um das Jahr 1840
stark restaurirt, theilweise wohl ganz erneuert. Auf Justinus Bilers Grundriss vom
Jahre 1679 istder Brunnen bereits vorhanden. Den schönen Aufbau des Brunnens
stellt unsere Abbildung auf S. 211 dar. Auf zwei breiten Stufen steht das
breite, achtseitige Becken, welches, wie bei den übrigen alten Brunnen der
Stadt Coburg, vorzugsweise als Wasserreservoir bei Feuersgefahr zu dienen hatte.
Die Ecken sind durch flache Pilaster wirkungsvoll belebt. Aus diesem Becken
steigt der ebenfalls achtseitige, aus Stein gemeisselte Brunnenstock auf. An
diesem befinden sich die oben erwähnten vier Löwenköpfe mit den eisernen Rohren
für das laufende Wasser. Den oberen Theil des Brunnenstocks bildet ein sich
nach oben verjüngender achtseitiger Pfeiler. An vier Seiten desselben sind volle
Fruchtbündel in den Stein gemeisselt. Die Bekrönung bildet ein stehender Löwe,
welcher ein Schild mit dem Vereinigungswappen von Sachsen (Rautenkranz und
Löwe) und Waldeck (Löwe und Scepterkreuz) mit dem Elephanten-Orden darunter
in den erhobenen Vorderpranken hält. Dieses Vereinigungswappen deutet auf
Herzog Johann Ernst, welcher mit Charlotte Johanna von Waldeck vermählt war;
also auf die Zeit zwischen 1690-99. Das Wappenschild ist indessen im Jahre
1840 erneuert.
Der Mittelban, welcher beide Schlosshöfe von einander trennt, ist im Laufe
des 19. Jahrhunderts aussen und innen im gothischen Stil umgebaut. Am Erd-
geschoss wurde diese Fassade im Jahre 1840 ausgeführt. Die Jahreszahl steht
über dem grossen Mittelpfeiler der Durchfahrt zwischen den kleinen Consolsteinen
des Gesimses, welches das Erdgeschoss von dem I. Stock trennt. Diese von unten
kaum zu erkennende Jahreszahl zeigt, dass der 1816 begonnene Erneuerungsbaix
der Ehrenburg inseiner sorgfältigen Durchführung sehr langsam fortgeschritten